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Cornerstone übernimmt Saba

Februar 2020

Der "Platzhirsch" der Branche übernimmt das "Schlachtross": Was sind die Gründe und Auswirkungen dieses Deals?

Am 24. Februar 2020 kündigte Cornerstone den Abschluss einer verbindlichen Vereinbarung zur Übernahme von Saba Software für $1,395 Mrd an. Damit formen zwei der größten Unternehmen aus den Bereichen Corporate Learning, Talent Management und Recruiting nun den größten Anbieter von People Development Systemen. Aufgrund ihrer gemeinsamen Größe und Reichweite, der zusätzlichen Investitionen in Forschung & Entwicklung, sowie dem verbesserten Cashflow ist Cornerstone der Meinung, dass diese Übernahme die eigene Wettbewerbsposition gegenüber den allmächtigen Cloud HCM und ERP Anbieter nachhaltig stärkt. Aber was genau bedeutet die Übernahme? Hier ist die erste Perspektive der Analysten von Fosway.

Fosways Perspektive

Beide Unternehmen sind in unserem 9-Grid™ für Learning Systemeals Strategic Leader eingestuft. Gleichzeitig ist Cornerstone ein Strategic Leader im Talentmanagement und ein Core Challenger im Bereich Recruiting; Saba ein Strategic Challenger in beiden. Diese Übernahme ist ohne Zweifel ein mutiger Schritt von Cornerstone und ein „Big Play“ der den Markt für Technologien im Bereich Learning massiv prägen wird. Aber darüber hinaus bestehen einige Fragezeichen und wir betrachten die Hintergründe.

Unter Führung von Adam Miller hat sich Cornerstone als der Platzhirsch für Cloud-Technologien im Bereich des Learnings entwickelt und sich weitgehend durch organisches Wachstum als der führende (nicht-HCM-)Player im Bereich Talentmanagement-, Recruiting- und Learning-Systeme etabliert. Saba hingegen ist ein verdientes Schlachtross aus den ersten Tagen im umkämpften Corporate Learning Markt. Während der Zeit unter seinem jetzigen Eigentümer Vector Capital hat sich Saba durch Akquisitionen transformiert und wurde unter Führung von Phil Saunders zu einer höchst profitablen, globalen Macht im Bereich Talentmanagement, Recruiting und Learning. Damit sieht also alles nach einer himmlischen Hochzeit aus?

In vielerlei Hinsicht ist dieser Schritt sicherlich transformativ für Cornerstone. Das Unternehmen konsolidiert damit seine klare strategische Führungsposition im Bereich der Learning Systeme, indem es seinen Hauptwettberber aus alten Tagen aus dem Rennen nimmt. Cornerstone stärkt zugleich seine Positionierung im Bereich der Großunternehmen, erweitert seinen Marktanteil im mittleren Marktsegment des nordamerikanischen Marktes und verleibt sich (mit TalentLink) einen strategischen Herausforderer im Bereich Recruiting in Europa ein. Cornerstone plant, Sabas Kernproduktportfolio (also Saba Cloud und TalentLink) weitestgehend beizubehalten und bestehende Kunden auf beiden Seiten werden von einem stärkeren und global vielfältiger aufgestellten Anbieter betreut werden.

Aus unserer Perspektive ist es allerdings bei dieser Übernahme vielleicht am wichtigsten, dass sie Cornerstones Weg zu nachhaltiger Profitabilität bereiten und das Unternehmen dem selbstgesteckten Ziel, der „Rule of 40“, näherbringt (sie wird als der Heilige Gral für Cloud-Anbieter gehandelt: nach ihr soll die Summe aus jährlichem Wachstum und Gewinnspanne größer oder gleich 40 sein). Der Deal wird weitestgehend (zu 95%) in bar finanziert. Einschließlich der obligatorischen Einsparungen durch Synergien, die auf $35 Mio. pro Jahr prognostiziert werden, soll die Übernahme auch für Cornerstone-Investoren von Vorteil sein und das Unternehmen in die Lage versetzen, seine Kredite innerhalb von drei bis vier Jahren schnell zurückzuzahlen.

Gibt es ein "Aber"?

Über die finanziellen Aspekte dieser Übernahme hinaus (die absolut Sinn zu ergeben scheinen) erschließt sich Fosway ihre Logik allerdings aus Perspektive der Wettbewerbssituation und aus funktionaler Sicht nicht. Cornerstone war bereits groß genug, um eine dominante Position sowohl im Bereich Learning als auch im Talent Management einzunehmen, wenn auch noch nicht im Recruiting. Aber die größte Herausforderung von Cornerstone war nicht Saba. Unter Druck gerät die Wettbewerbsposition von Cornerstone einerseits von oben durch die HCM Anbieter, wohingegen es andererseits von unten von kleinen disruptiven Spezialisten angegriffen wird. Sehen wir uns beides einmal näher an.

In den letzten zehn Jahren hat sich die Wettbewerbsdynamik für Personalsoftware für große Unternehmen mit dem Aufstieg von Workday und der Übernahme von SuccessFactors durch SAP eindeutig in die Cloud bewegt und sich auf Human Capital Management (HCM) fokussiert, welches neben dem klassischen Core HR auch das strategische Talentmanagement und den Bereich Learning beinhaltet. Oracle feiert ebenfalls mit seiner HCM Cloud Suite auf der Party mit. Und der Einfluss von Cloud HCM auf den Enterprise-Markt für Talentmanagement und Learning ist tiefgreifend. Die führenden Anbieter im Cloud HCM sind viel größer als Cornerstone und wachsen deutlich schneller. Auf Käuferseite finden sowohl die IT- als auch die Personalabteilungen die Geschichte von integriertem Human Capital Management, das durch nur einen einzigen Anbieter zur Verfügung gestellt wird, durchaus sehr attraktiv. Und die HCM-Anbieter haben den Funktionsumfang ihrer Lösungen derart weit ausgebaut, dass eine Entscheidung für Best-of-Breed Anbieter lediglich marginal ausfallen würde. (Hierüber kann man sich in Wirklichkeit trefflich streiten, allerdings würde das für Zwecke dieses Artikels etwas zu weit gehen).

Die zweite Art der Gefahr droht Cornerstone von unterhalb. Hier vollführen disruptive Spezialisten in bestimmten Teilen des Mitarbeiter-Beschäftigungszyklus, effektiv genau das, was Cornerstone vor vielen Jahren Saba angetan hat. Disruptive Spezialisten mit gutem Funding, wie Degreed, EdCast oder Docebo im Bereich Learning, CultureAmp, Reflektive oder Fuel50 im Bereich Talentmanagement oder SmartRecruiters oder Avature im Recruiting, gewinnen als stärker fokussierte und agilere Wettbewerber sehr schnell Marktanteile in den Spezialsegmenten unterhalb von Learning, Talentmanagement und Recruiting. Sowohl Cornerstone als auch Saba haben in den letzten Jahren den Wettbewerb durchaus wahrgenommen, denn nun singen viele der disruptiven Anbieter das Lied davon, wie sie die beiden bei einigen Kunden ablösen konnten. Zwar handelt es sich hier um eine Schlappe, aber nicht um eine unvermeidliche Niederlage, denn sowohl Cornerstone als auch Saba sind in den letzten Jahren weiter gewachsen, allerdings nicht mit derselben Geschwindigkeit wir zuvor und nicht ohne mit einem Auge auf Akquisitionen zu schielen, um den eigenen Wachstumspfad beizubehalten. Die kleineren Disruptoren wachsen organisch einfach schneller und obwohl die Platzhirsche auch Innovationen bieten, diktieren sie schon lange nicht mehr die Agenda.

Wie beeinflusst dieser Deal nun diese beiden strategischen Herausforderungen? Um ehrlich zu sein: nicht besonders. Cornerstone folgt zwar einer Marktkonsolidierung wie sie im Lehrbuch steht, allerdings scheint dieser Schritt das Wachstum vollständig zu ignorieren, das durch eine Akquisition in parallele Märkte hinein, entstehen kann. Es lässt beispielsweise eine stärkere funktionalere Ausbreitung in Richtung von Core HR, Zeitwirtschaft, Gehaltsabrechnung oder Workforce Planning vollständig vermissen.

Die Übernahme kräftigt Cornerstones führende Marktposition im Bereich Learning, Talent Management und Recruiting und bringt das Unternehmen auf den Weg zu einem Jahresumsatz von 1 Milliarde US-Dollar, stärkt seine Profitabilität und die Generierung von Barmitteln. Dies ist alles schön und gut. Allerdings verstrickt sie das Unternehmen auch in die Integration der Geschäfte auf der Suche nach Einsparungen durch Synergie. Außerdem verändert die Zusammenführung der Geschäfte nicht die grundlegende Position der Beiden im Hinblick auf ihre strategischen Herausforderung im Wettbewerb.

Während Cornerstone über die zunehmende Reichweite des kombinierten Geschäfts und die Chance einer nachhaltig größeren Entwicklungsabteilung spricht, sind sie noch immer ein großer (größerer) Schimpanse in einer Welt von HCM-Gorillas und schnell wachsenden, disruptiven Nano-bot-Brüllaffchen, die sich stark vermehren. Während Saba einige interessante Assets einbringt, ist das Unternehmen Cornerstone zu ähnlich, um die Disruptoren abwehren zu können. Möglicherweise bietet sich aber dem größeren Cornerstone nun die Gelegenheit eine nennenswerte Übernahme im HCM-Bereich zu tätigen, oder von einem anderen Anbieter übernommen zu werden, der selbst am Tisch der HCM-Gorillas Platz nehmen möchte. Derzeit bleibt im Dunkeln, ob Cornerstone einen dieser Pläne verfolgen könnte, aber lassen wir ruhig etwas Wasser den Rhein hinunterfließen….

Lesen Sie die vollständige Pressemitteilung hier.

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